18. August 2015
Liebe Freunde.
Von Herzen möchte ich
Euch für alle Anteilnahme an dem Tod unserer
Mutter danken, und das auch im Namen meines Vaters und meiner beiden
Schwestern Andrea Mitzlaff und Christine Konrad. Danke für alle tröstenden Worte, für alle
Anrufe und Teilnahme an der Beerdigung.
Der Abschied war nicht einfach, aber wir sind dankbar, daß Mama jetzt von ihrem Leiden
erlöst ist und bei Jesus ist, an den sie immer geglaubt hat. Sie hatte sich vor
zehn Monaten den Oberschenkelhals gebrochen und war seitdem bettlägerig
gewesen,weil nicht mehr operiert werden konnte.
Nach der Beerdigung
konnte ich noch gute Tage bei Papa in Wierstorf verbringen. Wir hatten Besuch
und waren selber auch Verwandte besuchen. Ansonsten konnte ich bei dem schönen
Wetter jeden Tag etliche Runden im Schwimmbad drehen und die alten Wege um
Wierstorf mit dem Fahrrad fahren.
Der Abschied von Papa war
nicht einfach. Für fast 85 Jahre ist er noch rüstig und ohne größere
Beschwerden, aber jeder Abschied kann doch der Letzte sein. Und ihn alleine
zurück zu lassen, mit Tränen in den Augen, das war der Moment vor dem ich mich
eigentlich schon bei der Ankunft fürchtete. Ich wünsche mir sehr, daß Papa uns
über Winter nochmal einige Zeit besuchen kann, er lebt ja alleine auf unserem
Hof in Wierstorf. Aber er hat Angst vor der Hitze, der Malaria und generell der
Umstellung zwischen den beiden Welten, der Unterschied ist wirklich groß.
Je älter ich werde, desto
schwerer fällt es auch mir, sowohl von U nach D, als auch dann zurück zu kommen.
Man fühlt sich so verloren und fremd in der Welt, weiß für etliche Tage nicht
wer man wirklich ist und wie man da jetzt ins Gefüge paßt. Aber es hilft mir
auch, mich der verschiedenen Rollen und Mindsets bewußt zu werden, in denen ich
hier und da lebe. Und es hilft mir, ein paar Tage eher zurückgezogen zu leben,
besonders wenn ich wieder zurück in Uganda bin. So oft bin ich hier in einer dominaten Rolle, wo Entscheidungen und Hilfen
von vielen Seiten erwartet werden. Aber
wenn ich irgendwann mal nicht mehr da wäre, müßte das Leben und alle Räder hier
ja auch weiterlaufen – ohne mich. Es wird einem als „Muzungu“ in Uganda oft zu
leicht gemacht, die Führerrolle zu übernehmen. Und vielleicht genießen wir
Weißen diese Rolle auch, sie läßt uns wichtig fühlen. Hier kann man als
Einzelner oft viel mehr bewegen als
Zuhause, so scheint es wenigstens. Aber wenn man nicht aufpaßt, befindet man
sich irgendwann allein an der Spitze mit immer mehr Lasten, immer mehr Anfragen
und Erwartungen und kann nicht mehr.
Ich bin dankbar für
meinen abslout nicht dominaten, nicht immer vorwärts preschenden Mann, der kein
Helfersyndrom kennt und bei mir oft die Bremse zieht. Man kann wirklich nicht
die ganze Welt retten und bei jedem
Problem hinhören. Erasmus hat eine sehr relaxte Art, sowohl Zuhause, als auch bei
der Arbeit, in der Kirche und in der Freizeit. Unsere Kinder lieben ihn und
grad jetzt im Teenageralter öffnen sie ihm ihre Herzen manchmal mehr als mir.
Erasmus ist people-oriented, ich bin eindeutig task-oriented. Wenn ich nach
Hause komme, kann ich nicht im unaufgeräumten Wohnzimmer die Beine hochlegen.
Es ist als ob mein Gehirn ständig rattern muß, voraus plant, Arbeitslisten
macht und kontrollieren will. Das war jetzt diese letzte Woche nach Deutschland
so schön, das Ruder hatten die anderen in der Hand – und haben es zum großen
Teil noch. Ich danke Gott, daß ich lerne, es nicht gleich wieder an mich zu
reißen. Und wenn der Hühnerstall einige Wochen mal nicht ausgemistet ist... was
solls? Die Hühner leben jedenfalls alle noch.
Und wenn jetzt drei Freundinnen zusätzlich im Mädchenzimmer schlafen (es
sind Ferien) und es echt laut und nicht allzu ordentlich im Haus zugeht...was
solls? Auch wenn es mich in den Fingern juckt, Dienstpläne aufzustellen und
alle möglichen rules and regulations, ich halte mich zurück und tue einen auf
reisemüde und etwas alternde Mutter (in Uganda gehöre ich mit 51 wirklich schon zu den Älteren). Und
der Haushalt funktioniert, nicht immer so wie es meinen Vorstellungen
entspricht, aber es läuft. Manchmal wird die Wäsche erst abends gewaschen, um
Mitternacht aufgewischt und unsere Kukhu (Erasmus Mutter) muß an ihr warmes
Badewasser erinnern, aber was solls? Manchmal wird die Wäsche bei Regen auf der
Leine vergessen, der Reis brennt an, die Soße hat seltsame Zusammensetzungen, die
Ziege und Ferkel schlafen im
Hühnerstall, die Zimmer finde ich abends
ummöbliert.. aber was solls? Alle sind fröhlich, viel fröhlicher als wenn die
Mutter ständig ermahnen und schimpfen würde. Und auch viel motivierter. Und
auch mir geht es viel besser mit dieser entspannten Einstellung. Hoffentlich
kann ich sie auch für die Zukunft etwas beibehalten.
Zurück zu Papa: meine
Schwester plant im Oktober zu Besuch zu
kommen und ich würde mich so sehr freuen,
wenn sie dann Papa mitbringen könnte.
Mal sehen. Wie gut, daß man alle
Wünsche und Pläne dann doch bei Gott lassen kann und ihn bitten es so zu
führen, wie es dann richtig ist. Wie gut, das auch mit allen anderen Bürden,
Sorgen, Arbeit und Plänen machen zu können.
Ich bin meinen Schwestern
sehr dankbar, besonders Andrea, die sich die letzten Jahre um Mama gekümmert hatte. Und ich bin den
guten Nachbarn in Wierstorf dankbar, die jeden Tag bei Papa vorbeisehen und den
Kirchenmitgliedern in Hankensbüttel... Diese Dankbarkeit mischt sich immer mal
wieder mit dem schlechten Gewissen, soweit weg zu sein und außer Gebeten und
Anrufen so gar nichts tun zu können.
So, das habe ich jetzt
einfach mal geschrieben, wie es mir in den Sinn kam.
Danke fürs Zuhören und
Danke, daß es Euch alle gibt. May God bless you.
Liebe Grüße von Elisabeth
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